Editorial der aktuellen Jahresausgabe 2012

Was ist von der "Kulturhauptstadt Ruhr 2010" geblieben, wie nachhaltig waren die Projekte, mit denen sich das Ruhrgebiet präsentiert hat? In der Öffentlichkeit hört man dazu viele skeptische Stimmen. Grund genug, einmal bei den für die beiden großen Kirchen Mitverantwortlichen nachzufragen, wie sie im Rückblick die Nachhaltigkeit gerade des kirchlichen Engagements in diesem Bereich einschätzen. Interessant ist der relative "Gleichklang" der beiden Voten: Sie sind durchaus selbstkritisch und warnen vor zu großen Erwartungen im Blick auf das Weiterwirken der angestoßenen Projekte, stellen aber gleichzeitig mit einem gut begründeten Selbstbewusstsein die besondere Rolle der Kirchen im Rahmen des Kulturhauptstadt-Programms heraus und betonen nicht zuletzt die Lernerfahrungen in diesem Bereich, die es gilt, weiterhin fruchtbar zu machen und zu gestalten. Insofern können diese beiden Rückschauen Anlass bieten, unabhängig von Großereignissen und Events die besondere kulturprägende Kraft des Christentums in unserer Region herauszustellen und zu pflegen. Den Hauptteil dieses Heftes bilden diesmal zwei wissenschaftliche Beitrage, die eine stark engagierte Persönlichkeit des rheinischen Protestantismus, Ernst Frank, und eine wichtige Einrichtung mit überregionaler Bedeutung, das Gerhard Teerstegen-Haus, ein evangelisches Berglehrlingsheim in Moers, thematisieren.
Hermann-Ulrich Koehn stellt in seinem Beitrag den langjährigen Direktor des Personal- und Sozialwesens der Gutehoffnungshütte in Oberhausen, Ernst Frank, dar. Neben interessanten Hinweisen auf die sozialethisch relevanten Aspekte des beruflichen Wirkens Franks wird insbesondere dessen Engagement im Rahmen der entstehenden Akademiearbeit nach 1945 aufgezeigt. Frank hat, angeregt durch die von ihm besuchten Akademietagungen in Hermannsburg, wesentlich die Arbeit der entstehenden Akademien im Rheinland und in Westfalen durch den Vorsitz in einem aktiven Freundeskreis unterstützt, wobei er konzeptionell und auch theologisch sehr eigenständige Ideen entwickelte und diese auf Kirchentagen und in kirchlichen Gremien zum Ausdruck gebracht hat. Ziel seines Engagements war eine Form der Akademiearbeit als "offene Kirche", die Raume für Menschen aus den Bereichen der Wirtschaft und Arbeitswelt eröffnete und ihnen bei der geistigen Durchdringung und Klärung ihres Christseins in weltlicher Verantwortung Begleitung und Unterstützung bot. Trotz mancher zeitbedingter Ansichten sind die von Frank vermittelten Impulse auch für die heutige Bildungs- und Akademiearbeit der Kirchen von großem Interesse.
Reinald Lukas Beitrag thematisiert die Geschichte des Tersteegen-Hauses in Moers, das in den Jahren 1950/51 als Heim für 14-18-jahrige Berglehrlinge, viele von ihnen Flüchtlinge, von der evangelischen Kirchengemeinde Moers errichtet worden ist. Die Versuche der Gemeinde, durch die Heimleitung und durch die Besuche von Vikaren und Predigern das Leben des Hauses in einem geistlichen Sinn zu prägen, werden skeptisch beurteilt. Im Wesentlichen waren es in Ansätzen die Arbeit des örtlichen CVJM, intensivere persönlich-seelsorgerliche Kontakte zwischen den Verantwortlichen und einzelnen Jugendlichen sowie vor allem die lebenspraktischen Hilfen für die Heimbewohner, die sich als wegweisend erwiesen. Aufschlussreich ist darüber hinaus die in mancherlei Hinsicht unzureichende finanzielle Unterstützung des Heimes gerade durch den Bergbau, die Lukas detailliert aufzeigt. Abgerundet wird das Heft durch die Rezension einer am Lehrstuhl für christliche Gesellschaftslehre verfassten Dissertation. Der Verfasser, Matthias Jung, hat diese Arbeit berufsbegleitend zu seinem Pfarramt verfasst und diskutiert in soziologischer wie in theologischer Perspektive die tiefgreifenden aktuellen Wandlungen der Arbeitswelt, die wohl nirgendwo so deutlich zu erleben sind wie im Ruhrgebiet.

Traugott Jähnichen

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